Bei Kaiserkrönungen in Frankfurt assistiert

Bonifatius-Porträt

Es ist ein Ölgemälde, das mir immer wieder bei meinen Museumsbesuchen auffällt: Das Portrait eines Abtes. Es stellt B onifatius II. Merget dar, der dem Kloster von 1753 bis 1792 vorstand. Eine stattliche Erscheinung mit festem Blick und energischen Gesichtszügen. An einem blauen Band hängt ein mit Diamanten und Rubinen besetztes Kreuz (Pektorale) vor seiner Brust und an seiner Hand trägt er einen ebenso gearbeiteten Ring.

Neugierig geworden, wollte ich mehr über diesen Mann und seinen außergewöhnlichen Schmuck wissen und vertiefte mich in die Fachliteratur. Seine Vorfahren stammten aus Miltenberg, er jedoch wurde 1711 in Seligenstadt geboren, sein Vater war zu jener Zeit Fauth. 1730 trat Bonifatius ins Kloster ein und wurde 1734 zum Diakon geweiht. Als Abt Hyacinthus Buchner starb, wurde er 1753 zu dessen Nachfolger gewählt. Eine seiner größten Amtshandlungen war die Schlichtung des jahrhundertelangen Streites zwischen der Stadt Seligenstadt und dem Kloster um den Forstwald. Diesen symbolisiert ein alter Wappenstein am jetzigen Rathaus: Zwei Hunde ziehen an einem Stab.

Bauliche Anderungen in der Pfarrkirche und der Klosterkirche finden in seiner Amtszeit statt. Drei Altäre erwirbt Bonifatius von dem aufgelösten Karthäuserkloster in Mainz. Diese finden Aufstellung in der Abteikirche als Hochaltar und Seitenaltäre. Sie sind bestückt mit Alabasterfiguren, den vier Kirchenlehrern (Altes Testament) und den vier Evangelisten (Neues Testament), geschaffen vom Kurmainzer Hofbildhauer Burkard Zamels.

Bei den Kaiserkrönungen im Dom zu Frankfurt, im Jahre 1765 von Josef II. und 1790 von Leopold II., assistiert Bonifatius nach altem Recht. Auch die Übernachtung von Kaiser Franz II. auf seiner Reise nach Frankfurt in der Prälatur des Klosters fällt in seine Amtszeit.

Was beim Betrachten des Porträts vor allem ins Auge sticht, ist das Pektorale und der Ring besetzt mit Diamanten und

Rubinen. Während der Säkularisierung unserer Abtei spielt dieses Brustkreuz aufgrund seines materiellen Wertes eine hervorgehobene Rolle. Damals fielen die Ländereien und der gesamte Besitz des Klosters an den Landgrafen. Ludwig X. von Hessen-Darmstadt. Gedeckt waren diese Maßnahmen durch den "Reichsdeputationshauptschluss" des Reichstags zu Regensburg vom 25. Februar 1803: Fürstentümer und Landgrafschaften wurden für Verluste an Grund und Boden, die sie während der Kriege gegen Napoleons Frankreich erlitten hatten, durch die Enteignung kirchlichen Besitzes entschädigt.

Landgraf Ludwig X., seit 13. August 1806 Großherzog Ludwig I., ordnete am 22. Februar 1816 eine Versteigerung der Pretiosen der ehemaligen Abtei an. Wobei das kostbarste Stück, das besagte Pektorale auf unserem Ölgemälde, mit 500 Gulden taxiert worden war und von einem, von jüdischen Handelsleuten gebildeten Konsortium für 716 Gulden und 15 Kreuzer ersteigert wurde. Wir wissen nur, dass das Pektorale in seine einzelnen Edelsteine zerlegt wurde, um sie stückweise zu verkaufen.

PETER NEUBAUER

Erschienen in der Offenbach Post am
 
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