Palatium, Romanisches Haus und Teile der Einhardsbasilika bieten eindrucksvolle Beispiele romanischer Bauformen im mittelalterlichen Seligenstadt. Im Landschaftsmuseum sind Modelle zur baugeschichtlichen Entwicklung der ehemaligen Klosterkirche ausgestellt. Die Romanik zeigt ihre größte Wirkung in der kirchlichen Baukunst und brachte auch eine bedeutende Bereicherung im Erscheinungsbild unserer Basilika.
Um 1040 wurde vor die karolingische Westwand ein Turmpaar genau vor die Flucht der Seitenschiffe gestellt. Zwischen beiden Türmen war eine Vorhalle eingefügt und das alte Atrium des 9. Jahrhunderts wurde weiter nach Westen verschoben. Das romanische Atrium der Basilika wurde nun von Säulen mit Kelch- und Würfelkapitellen mit figürlicher Ausschmückung und attischen Basen geschmückt, Säulen, wie wir sie kleiner auch am Romanischen Haus und am Palatium wiederfinden. Die beiden Glockentürme waren etwas niedriger als ihre neuromanischen Nachfolger von 1868, wie deutlich in der Modellabfolge zu erkennen ist. Sie waren mit einem einfachen Pyramidendach versehen, quadratisch, fünfgeschossig und durch Lisenen, Rundbogenfriese und Schallarkaden gegliedert.
Im 13. Jahrhundert wurde aus dem karolingischen t-förmigen Kirchenbau ein im Grundriss kreuzförmiger durch das Hinzutreten eines spätromanisch - frühgotischen Chores mit Vorchor und Vierung. Dem Umbau fielen die alte Apsis und die Krypta zum Opfer. Die Vierung erhielt vier auf starken Bündelpfeilern ruhende, frühgotische Spitzbögen, ein fünfter bildet den Übergang zur Chorapsis. Die Halbsäulen der Pfeiler sind geschmückt mit gemeißelten Knospenkapitellen, die Rippen des Kuppelgewölbes dagegen sind verziert mit Knospenkapitellen mit eingerollten Voluten.
Blendarkaden, die auf Konsolen oder Säulen mit Eichenblatt- und Januskopfdekor ruhen, gliedern die Wände des Vorchors. Der Chor selbst passt sich dem einfachen, herben, großflächigen Charakter des älteren karolingischen Baus harmonisch an, indem er dessen Raumhöhe beachtet und die Pfeilerarkaden des Langhauses mit spätromanischen Blendbögen und Kreisfenstern fortsetzt.
Heute hängt über dem modernen Mensaaltar eine ebenfalls romanische Christus Salvator Figur: Ein Christus mit Königskrone und bekleidet mit einem kostbaren Gewand - gleichzeitig Tod und Auferstehung, Niederlage und Sieg, Leid und dessen Überwindung symbolisierend.
Karolingischer Gründungsbau, romanisches Formengut und frühgotischer Baustil verschmelzen in der Architektur unserer Basilika zu einem höchst harmonischen Ganzen. Dies ist deutlich an der Außenansicht zu erkennen. Der oktogonale Vierungsturm des 13. Jahrhunderts mit starker plastischer Wirkung ist unmittelbar von der Marienkirche in Gelnhausen angeregt. Maßwerkfenster und ein steinernes Stabwerk, Hauptornamente der gotischen Baukunst, erinnern an seine Entstehungszeit. Der Chor mit fünfseitiger Apsis ist durch Strebepfeiler, tiefe Fenstergewände und Rundbogenfriese am Giebel und unter dem Traufgesims in sorgfältiger Steinmetzarbeit gegliedert. Somit zeigt sich die Einhardsbasilika heute als karolingischer Gründungsbau bereichert um Schmuckformen des 11. bis 13. Jahrhunderts.
Herbert Reiß