„Dem irdischen Angedenken“

Schmuckstücke gestaltet mit Menschenhaar waren im 19. Jahrhundert sehr beliebt und stehen in enger Beziehung eines damals ausgeprägten Freundschaftskultes, der sich auch in Briefen, Poesiealben und Freundschaftsbillets niederschlug. Haararbeiten zeichnen sich dabei durch eine Besonderheit aus: Haare sind nicht irgendein Material, sie sind Teil eines ganz bestimmten Menschens.

Durch die Jahrhunderte wurde Menschenhaar für Perücken, künstliche Zöpfe, für Skulpturen oder Stickereien auf feinsten Geweben verwandt. Haar war sogar kostbares Handelsgut; fast 7 Taler – eine beträchtliche Summe – wurde 1802 für das Pfund bezahlt.

Doch unser kleines Medaillon ist nicht dem kommerziellen Bereich zuzuordnen. Es steht für Liebe, Vertrauen und Hoffnung und kündet damit von Grundqualitäten, derer der Mensch fähig sein kann. Gerade einmal daumennagelgroß und aus zweierlei Haar gefertigt, zeigt es in feinster Kleinarbeit auf Porzellan einen, für das frühe 19. Jahrhundert typischen und antiken Formenschatz entlehnten, Altar und daneben die Trauerweide. Eine untergehende Sonne und ein „R“ sind goldfarben hinzugefügt.

Auf der Rückseite des Medaillons ist zu lesen: „Dem irdischen Angedenken bis zur ewigen Wiedervereinigung“ und „E.R. gest. 10. Sept. 1819 – W.R. gest. 28. Sept. 1819“. Somit ist dieses persönliche Schmuckstück ein berührendes Kleinkunstwerk, das von tiefster Zuneigung kündet.

Gehen Sie einmal auf die Suche. Das Medaillon versteckt sich dem Museumsmotto „Zeit zum Sehen“ entsprechend gut.

A. Zöller M.A.