Das Krönungsdiarium Kaiser Franz I.

Über mangelnden hohen Besuch konnte sich Seligenstadt ja noch nie beklagen. Regelmäßig waren die Erzbischöfe von Mainz zu Gast, blieben gerne und kamen immer wieder. Daneben dienten Stadt und Kloster auch öfters weitgereisten Händlern und deren Trossen als Unterkunft für die Nacht auf der Durchreise nach oder von Frankfurt.

Doch jedes Mal war es immer wieder eine große Ehre, wenn ein Kaiser des Heiligen Römischen Reiches in Seligenstadt Quartier bezog. Neben Heinrich IV., der gerne Hoftag in der Einhardstadt hielt, oder Friedrich II., der gar eine Kaiserpfalz am Main erbauen ließ, zählten auch Karl VI. und Franz II. zu den Besuchern der Abtei. Die letzten beiden verbindet jedoch eine Besonderheit, die auch auf das Prestige Seligenstadts abfärbte. Beide waren gerade auf ihrer Krönungsreise.

Die Kaiserkrönungen fanden seit dem 16. Jahrhundert im Frankfurter Dom St. Bartholomäus statt, wobei Seligenstadt eine passende Station auf dem Weg dorthin oder von dort war. Zu Ehren der hohen Besucher finden sich im Kaiserraum des Landschaftsmuseums einige Exponate, die davon zeugen, dass die Abtei nicht nur ein Ort der Geistlichkeit war. Unter anderem liegt dort auch das Krönungsdiarium, also das Tagebuch, Franz I. Stephan. Er wurde am 4. Oktober 1745 in Frankfurt zum Kaiser gekrönt. Der Autor Johann David Jung beschreibt in dem Werk auf zahlreichen Seiten aus Pergament die genauen Vorgänge der Krönung, sowie der Vorbereitungen und des Spektakels im Anschluss. Der Bericht setzt mit der Wahl Franz‘ zum Kaiser ein, die schon einige Zeit vorher war, und erzählt ausführlich, wie der gesamte Tross ausgestaltet war und unter Pomp und Pauken in Frankfurt einzog. Die dortigen Vorbereitungen und natürlich die eigentliche Krönung werden detailliert dargestellt, ebenso die Feierlichkeiten, die im Anschluss daran auf dem Frankfurter Römerberg und in der ganzen Stadt stattfanden.

An dieser Stelle wird es für Seligenstadt interessant, da der damalige Abt Hyacinthus Buchner als assistierender Prälat genannt wird, er war also direkt in das Geschehen der Kaiserkrönung eingebunden.

Das Diarium wurde 1746 in Frankfurt veröffentlicht. Es diente dazu, die Ereignisse jener Tage für die Nachwelt festzuhalten, auf dass sich spätere Generationen und künftige Kaiser daran ein Beispiel nehmen mochten. Zu diesem Zweck wurde das Werk mit insgesamt 31 Kupferstichen ausgestattet, die unter anderem den Grundriss des Doms, den Tross und die Insignien, die kaiserlichen Ausstattungsgegenstände, wie Krone, Mantel und Schwert, zeigen. Das ledergebundene Buch ist ein anschauliches Exemplar geschriebener Geschichte, welches ein Besuch im Landschaftsmuseum Seligenstadt durchaus wert ist.

Simone Stillger B.A.