Heimat mit Fotoapparat, Skizzenbuch, Stift, Pinsel und Farbkasten durchstreift

Hans Schmitt und sein Seligenstadt

Beobachtet man die Besucher des Landschaftsmuseums, so sind es nicht wenige, die den ersten Raum durcheilen, um schnell zu den Kernausstellungen zu gelangen. Dabei entgeht vielen, dass ihnen sozusagen als Entree, die geballte Kraft der Kulturpreisträger des Kreises Offenbach gegenübersteht, die dort mit hervorragenden Exponaten vertreten sind. Unter anderem sind es sechs Bilder unseres hochverehrten, allzu früh verstorbenen Malers Hans Schmitt.

Die Motive lassen erkennen - und hier zitiere ich aus dein Nachwort zum Bildband „Unser Seligenstadt", geschrieben von Seligenstadts Ehrenbürger, Kulturpreisträger und persönlichem Freund Schmitts, Marcellin Spahn, - "der Maler hegte eine tiefe Liebe zu seiner Heimatstadt, die er immer wieder mit Fotoapparat, Skizzenbuch und Stift, Pinsel und Farbkasten durchstreifte, um das Sehenswerte und Besondere festzuhalten. Seien es Motive von der Einhard-Basilika, vom ehemaligen Benediktinerkloster, von der Wasserburg, von Marktplatz und Freihof, von romantischen Ausblicken in Straßen mit alten Fachwerkhäusern und verborgenen Winkeln in der Altstadt oder stimmungsvollen Landschaften am Main und Umgebung unter blauem Himmel mit herrlichen Wolken, eingefangen je nach Jahreszeit, der Beschauer spürt, dass Hans Schmitt „sein Seligenstadt aus tiefstem Herzen liebte."

Im Einzelnen sind zu sehen zwei farbige Aquarelle aus dem Jahr 1979 mit dem Tor zum Kloster am Freihofplatz und der Schwedenschänke sowie aus dem Anfang der 80er Jahre vier Aquarelle in Sepiafarbtönen mit den Motiven Schwedenschänke, Blick auf das alte Schulhaus (heute Musikschule) von der Kleinen Maingasse aus, ein Blick vom Mainuferweg auf die Altstadt und das Fragment des Maintores mit dem Heiligen Nepomuk.

Neben Federzeichnungen stehen bunte Aquarelle am Anfang von Schnitts künstlerischer Laufbahn. Beide Techniken beherrschte er perfekt.

Bei den bunten Aquarellen geht er folgendermaßen vor: Ohne Vorskizze wirft er die Gebäude und ihre Schattierungen treffsicher aufs Blatt. Mit dem Wenigen ist schon das Wesentliche beschrieben. Dann setzt er, um die Konturen hervorzuheben, mit sparsamen Strichen mit der Tuschfeder Akzente. Hier verrät sich der gelernte Lithograf und Grafiker. Anders verfährt er bei den vier Ton-in-Ton-Bildern. Er verzichtet ganz auf die Striche mit der Tuschfeder. Die Abwechslung der Farben erreicht er allein dadurch, dass er einmal mehr, einmal weniger Wasser zufügt. Wiederum ohne Vorarbeit wirft er seine Objekte auf das Papier, fast fotografisch genau, ohne jedoch sklavisch realistisch zu sein. Der Beschauer ist aufgefordert im Kopf zu ergänzen, was nur angedeutet ist. So findet ein schöpferischer Ausgleich zwischen Künstler und Betrachter statt. Das scheinbar leicht Hingeworfene erreicht so eine ungemeine Tiefe.

Hans Schmitts Wesen und Persönlichkeit enthüllen sich in seinen Bildern. Unwillkürlich kommt einem Schmitts vielfältiges Werk für seine Heimatstadt in den Sinn: Unter anderem arbeitete er Jahrzehntelang im Vorstand des Heimatbunds mit, er entwarf den Titel des Seligenstädter Heimatblatts, schmückte viele Jahreskalender mit heimatkundlichen Motiven, gestaltete Dia-Schauen, Ausstellungen, Festschriften der Heimat- und Geleitsfeste, Stadtprospekt und Vereinsfestschriften. Unvergesslich sein Humor, sei es in den großen Fastnachtssitzungen des Heimatbundes als Einhard, Emma, Hans Memling im Pfarrzentrum beim Kirchenchor, aber auch im Freundeskreis bei Geburtstagen, Jubiläen. Dort, in der mehr intimen Atmosphäre des Freundeskreises, lieferte er wahre Kabinettstückchen seines humoristischen Könnens. Überhaupt war er ein Meister der leisen Töne. Ihn drängte es nicht ins Rampenlicht, und den Kulturpreis der Stadt nahm er bescheiden entgegen.

Und so ist es der Mensch Hans Schmitt, der sich unvergesslich in unser Herz geschrieben hat. Sein überaus gewinnendes, ja verschmitztes Lächeln ließ einem die Sorgen vergessen. Seine Heiterkeit, die tief ans seinem Innern kam, die sehr wohl auch um die Dunkelheiten des Daseins wusste, strahlte hinein in seine Umgebung und ließ uns alle als Beschenkte von dannen gehen. Auch heute sind wir Beschenkte, beim Betrachten der Bilder Schmitts im Landschaftsmuseum. Mögen sich viele Menschen an ihnen erfreuen.

SIGRID FABER

Erschienen in der Offenbach Post am 3.1.2008
 
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