Es gibt schon schöne Zufälle: Just an dem Tag, als unser Museum seinen 70ten Geburtstag feierte, wurde eine Stadtansicht Seligenstadts meiner Galerie zum Kauf angeboten, völlig verschmutzt und auf Reste eines alten Getreidesackes gemalt.
Nach kurzer Verhandlung und der Begründung, daß das Gemälde sofort bei Interesse an das Museum weitergegeben würde, erklärte sich der Besitzer, welcher es zum Sperrmüll geben wollte, damit einverstanden. Eine schnelle Reinigung und Restaurierung einiger Stellen erlaubte es dann, das noch firnissfeuchte Bild am Abend der 70er-Feier den Gästen vorzustellen, welche begeistert und zugleich belustigt waren.
Das mit „Ph. Geis 1920“ und „Die Leinen-Reiter bei Seligenstadt am Main 1874“ bezeichnete Bild beinhaltet einige interessante Details: Das Motiv von Pferdegespann und Treidler findet sich ähnlich als Kupferstich in Daniel Meisner’s Schatzkästlein von 1626, dort jedoch ist es ein pflügender Bauer, der von Soldaten bedrängt wird. Die Mainansicht unseres Bildes zeigt natürlich schon die neuen Glockentürme der Basilika, die Memlingschule und die noch nicht wiederhergestellte Fassade der Kaiserpfalz; teilweise sogar in recht feiner Malerei. Doch Leinenreiter? 1920 dürfte diesen Part wohl schon die uns wohlbekannte „Maakuh“ übernommen haben. Und, den Turm rechts des Schiffmastes, den hat es bei uns so nie gegeben: Das Frankfurter Tor war abgerissen, der Wasserturm noch nicht gebaut.
Ich freue mich sehr darüber, daß diese fastnachtliche „Besonderheit“ Platz in unserem Museum gefunden hat und dort während Sonderausstellungen zur Stadtgeschichte ab und zu bewundert werden kann.
Karl Blehle